Schlagwort-Archiv: Skandinavien

Vorläufiges Finale

Ich bin angekommen. Bei den drei wichtigsten Menschen, die es für mich gibt. Ein Ferienhaus in Bleckinge län, in Südschweden. Hier klingt die Reise auf der URAL von Dresden nach Murmansk und zurück erst einmal aus, bevor es zurück nach Dresden geht. Die letzten Tage seit Uppsala waren Motorradfahren pur. Ich habe noch eine Zeltplatzbetreiberin aus der Schweiz getroffen, die sich in Schweden einen Lebenstraum erfüllt, Autoschrauber aus Hamburg, die mit ihren amerikanischen Oldtimern auf Tour sind und jede Menge andere freundliche und hilfsbereite Menschen. Die Zeltplatzbetreiberin war geschäftstüchtig genug, mir um Mitternacht noch Bier zu verkaufen und von den Schraubern habe ich gelernt, dass ein Verbrauch von zwölf Litern auf hundert Kilometer geradezu sparsam ist. Wenn man einen Motor von sechs Litern Hubraum hat… Ein wenig Fachsimpeln über amerikanische und russische Autos, da kommt man schon ins Träumen. Die URAL hat sich auf der Reise anständig gehalten. Wenn man von den Zündungsproblemen absieht, die ich mit „Bordmitteln“ beheben konnte, lief die Maschine störungsfrei. Und dass über achttausend Kilometer, die mitunter nicht so ganz einfach waren. Russische Straßen sind doch etwas Besonderes. Noch ein paar Worte zur Technik. Ich war mit einem 750cm³-URAL-Gespann unterwegs, welches ich im Jahre 2001 in Deutschland gekauft habe, damals fabrikneu. Außer dem Anbau eines Ölkühlers und einer leistungsstärkeren Ölpumpe habe ich technisch nichts verändert. All die Geschichten über das unabdingbare Austauschen aller russischen Lager und ähnlichen Horror habe ich ignoriert. Mittlerweile hat die URAL knapp sechzigtausend Kilometer „auf der Uhr“ und ein Ende ist nicht abzusehen. Reisen haben mich damit nach Skandinavien (2004), nach Sibirien (2008) und jetzt nach Murmansk geführt. Sicher gab es Pannen und sicher mussten auch einmal Teile (vorzeitig) getauscht werden. Aber Motor, Getriebe und Kupplung sind original. Der Ölverbrauch liegt im Rahmen. Wenn ich darüber nachdenke, was mir über die Jahre an technischem Ungemach vorhergesagt wurde, finde ich die bisherige Laufleistung recht akzeptabel. In Russland selbst war die Maschine immer wieder ein „Hingucker“. Ich wurde oft darauf angesprochen und oft sehr anerkennend. Es ist klar, dass es weitaus bessere Technik gibt aber hier zählte wohl der Symbolwert. Die bisher zurückgelegt Strecke gibt es unter diesem Link. Noch einmal Atem holen vor dem letzten Ritt auf dem Motorrad von Dresden nach Murmansk – und zurück. Auch das Sabbatical geht zu Ende. Im September werde ich wieder arbeiten gehen.

Stockholm schlägt Uppsala

23.07.2014

Stockholm ist mir zu anstrengend. Zumindest der Verkehr. Aber gesehen haben muss ich es. Was liegt näher, als sich ein Basislager in der Nähe zu suchen, die URAL stehen zu lassen, und sich fahren zu lassen? Meine Wahl fällt auf Uppsala, keine hundert Kilometer von der schwedischen Hauptstadt entfernt. Uppsala selbst, als alte Universitätsstadt, scheint auch nicht uninteressant zu sein. Ich muss Prioritäten setzen, Stockholm gewinnt. Von Uppsala kenne ich also nur den Weg vom Zeltplatz zum Bahnhof. Stockholm Central spuckt mich aus. Mitten hinein in’s Gewühl. Ein Kulturschock, meine letzte Begegnung mit einem derartigen Hotspot war in Sankt Petersburg. Archangelsk und Murmansk spielen, natürlich, nicht in dieser Liga, so interessant, wie es dort war. Es ist voll. Und es ist heiss. Ich habe nur diesen einen Tag Zeit, also absolviere ich das touristische Grundprogramm. Königspalast, Parlamentsgebäude, Gamla Stan, die historische Altstadt, die Anlegestelle für Ausflugsboote aller Art. Die Altstadt ist nicht uninteressant, enge Gassen, Geschäfte, Kneipen, Menschen.

Gamla Stan

Gamla Stan

Man kann hier gut die Zeit rumbringen. Einzigartig ist es allerdings nicht. Es ist wirklich schön dort aber dieses Flair gibt es auch in Warschau, Tallinn, Prag… Es ist wieder das alte Lied, ein Tag für eine derartige Stadt geht nicht. Russland holt mich allerdings auch hier ein. Ein Mittagessen bei Olga.

Bei Olga - wir sprechen russisch

Bei Olga – wir sprechen russisch

Es wird tatsächlich Russisch gesprochen. Dann finde ich noch ein Highlight – die Fotografiska, das Fotomuseum in Stockholm, direkt am Ufer gelegen, mit wohl dem schönsten Blick auf die Altstadt.

Blick auf die Altstadt

Blick auf die Altstadt

Die Fotografiska ist aus meiner Sicht ein MUSS für einen Stockholmbesuch. Faszinierende Bilder, gerade in schwarz-weiß, was mich besonders begeistert. Und Videoinstallationen, die ich nur als atemberaubend bezeichnen kann. Es ist schwer, diese Eindrücke in Worte zu fassen. Ich schlendere durch die Altstadt zurück zum Bahnhof. Stockholm ist es wert, gesehen zu werden.

Auch eine Marke

Auch eine Marke

Nur braucht es seine Zeit. An nur einem Tag wirkt die Stadt wie ein beliebiges Museum. Und bin mir sicher, dass es hier faszinierend sein kann.

Stockholmer Ansichten

Stockholmer Ansichten

Auf dem Zeltplatz komme ich mit einem Russen ins Gespräch, der mit seiner Familie in Finnland lebt. Ausgangspunkt war wieder einmal mein nicht alltägliches Fortbewegungsmittel. Wir reden, russisch, über dies und jenes. Über meine Reise nach Russland, über die Darstellung Russlands in deutschen Medien. Mitten im Gespräch will er wissen, seit wann ich eigentlich in Deutschland lebe. Interessante Fragestellung…

Langsam setzt sich bei mir der Gedanke fest, dass es schön ist, wieder nach Hause zu kommen…Weiter auf dem Motorrad nach Süden über Norrköping und Västervik.

Die aktuelle Route gibt’s unter diesem Link.

Gibt es in Schweden Hufeisennasen?

21.07.201

Eine Brücke. Und mitten durch das Weltkulturerbe, kaum zu glauben. Ich bin etwas irritiert. Wie kann das gehen? Aber das Bauwerk ist real. Und riesig.

Högakustenbrücke

Högakustenbrücke

Die Hohe Küste, eine eiszeitlich geformte Landschaft ungefähr fünfhundert Kilometer nördlich von Stockholm, zählt tatsächlich zum Weltkulturerbe. Nach dem Verschwinden des Inlandeises der letzten Eiszeit hat sich das Land bisher mehrere hundert Meter gehoben. Und es geht weiter. Der Druck des Eises muss immens gewesen sein, dass dieser Vorgang noch nicht zu Ende ist. Geformt wurde eine einzigartige Landschaft mit Fjorden, umgeben von Felsen. Und über einen dieser Fjorde spannt sich bei Örnsköldsvik eine gewaltige Brücke. Aber irgendwo muss die E4 ja schließlich langgehen. Brücke und Weltkulturerbe müssen sich nicht ausschließen, obwohl das von Ort zu Ort offensichtlich verschieden gesehen wird. Hufeisnnasen scheint es keine zu geben. Ich kann nirgendwo ein Tempo-30- Schild entdecken.  Ich bin mit dem Motorrad in Schweden auf dieser E4 unterwegs in Richtung Stockholm. Hier ist Bilderbuchschweden. Blauer Himmel, grüne Landschaft, rote Häuser, Seen, alles da. Es ist fast unwirklich. Fast wundert es mich, an der Tankstelle nicht vom Fräulein Langstrumpf bedient zu werden.

Hohe Küste

Hohe Küste

Die Kilometer gehen dahin. Die URAL gibt allerdings besorgniserregende Geräusche von sich, deren Herkunft ich noch nicht einordnen kann. Die Wege in Russland haben offensichtlich Spuren hinterlassen. Es sind noch eintausendfünfhundert Kilometer bis nach Dresden. Also beobachten und weiterfahren. Und vorwichtig behandeln. Am Abend finde ich mich in Hölick wieder. Eine Halbinsel in der Ostsee und ein ehemaliges Fischerdorf. Auch hier Postkartenmotive ohne Zahl. Liegt ein wenig abseits der Fahrtroute, ist aber sehr ansehnlich. Und ich fahre nach Süden. Die Tage werden kürzer und die Nacht ist hier tatsächlich fast dunkel. Das nächste Ziel heißt Stockholm.

Die bisherige Tour gibt’s unter diesem Link

Inari lebt

Es gibt diesen Ort tatsächlich.

Einmal nach Inari

Einmal nach Inari

Manch einer kann sich vielleicht noch an den Film „Zugvögel…Einmal nach Inari“ erinnern. Ich bin dort. Nach einer herrlichen Fahrt an der der Küste des Varrangerfjordes entlang und über die finnisch-norwegische Grenze, die aus einem blauen Schild im Wald besteht. Es war wieder eine Fahrt durch eine fast arktische Landschaft. Felsen, niedriger Bewuchs und jede Menge Rentiere. Karg, unwirtlich aber auch mit berauschenden Ausblicken über den Fjord.

Varrangerfjord

Varrangerfjord

Hin und wieder Hinweistafeln, dass das norwegische Militär nicht fotogen zu sein glaubt. Grenzgebiet zu nicht befreundeten Staaten eben. Und kalt. Und unangemeldete Verkehrsteilnehmer.

Vorfahrt

Vorfahrt

Kurz vor der Ankunft in Inari fängt es an zu regnen. Aber das war gestern. Heute ist Ruhetag. Die Sonne erbarmt sich. Der See ist einladend.

Der See

Der See

Und überraschend warm. Ein Stadtrundgang ist schnell erledigt. Der See, ein paar Geschäfte für hochwertige Tourismuserzeugnisse, der Hafen, ein Museum der lappländischen Kultur, das war’s. Einen Bahnhof gibt es offensichtlich nicht. Erstaunlich…

Inari-Hafen

Inari-Hafen

Es ist ein Urlaubsort. Die gefühlte Hälfte der verkehrenden Fahrzeuge sind Wohnmobile. Das Nordkap liegt in Reichweite. Ich habe immer noch das Gefühl, nicht richtig angekommen zu sein. Es ist alles so viel anders als das, was ich in den letzten Wochen gesehen habe. Eine andere Welt. Es wirkt fast ein wenig steril. Die URAL ist mit Abstand das dreckigste Vehikel auf dem Campingplatz. Es gibt abschätzige Blicke. Völlig egal! Mein Hochgefühl, die Tour durch Russland geschafft zu haben, wirkt positiv auf Wirbelsäule und Kopfhaltung.

Morgen nach Tornio. Die Ostsee ruft. Die Reise auf dem Motorrad geht weiter. Die bisherige Strecke gibt es unter diesem Link.