„Wortasyl“ – Gedichte statt Parolen

Gott ist wunderbar. Ich sah die Liebe und die Schönheit im herrlichen Jerusalem

Ich ging eine alte Mauer entlang in der Altstadt Jerusalems

 Ich hörte, wie die Mauer ihren  vieltausendjährigen Geburtstag feierte. Und noch einen…

Sie lud mich ein, einen Toast auszubringen auf alle Religionen

 Sie sprach zu mir:

Du weißt, ich war vor den Büchern hier.

Gott taufte mich mit dem heiligen Schlamm des Flusses der Unsterblichkeit.

 

Basher Hussein (28), geboren in Palästina, lebt heute in Dresden, arbeitet als Apotheker. Er kam nach Deutschland, um dem eingesperrten Leben in Gaza zu entkommen. Ein Leben, obschon materiell ohne Not, dennoch geprägt von Mauern und Unfreiheit. Seine Texte sprechen davon. So wie er nutzten etliche Eingewanderte die Möglichkeit ihre Geschichten und Gedichte einem Publikum darzubieten. Geschichten von Flucht, Vertreibung, Einsamkeit aber auch von Liebe, von Glück und Hoffnung und Lebensfreude. „Wortasyl“ gab ihnen die Möglichkeit. Am 24.09.2016 gab ihnen das Festspielhaus Hellerau eine Bühne. Petra hatte die Idee zu „Wortasyl“ schon irgendwann im April und fragte mich, ob ich mitmachen würde. Und so  organisierten und moderierten wir diese Veranstaltung, unterstützt von Wissam Fakher, einem Iraner, der hervorragende Übersetzungen lieferte. Wobei …organisieren… Abendelang haben wir Texte gesichtet, versucht, zu verstehen, vom Englischen ins Deutsche übersetzt, dabei bemüht, gerade bei Gedichten, die Poesie zu bewahren. Es war Wahnsinn, die letzte Übersetzung hatten wir drei Stunden vor Beginn fertig…

Petra moderiert

Petra moderiert

Die Idee war, nicht über die Menschen zu sprechen, die aus den unterschiedlichsten Gründen zu uns gekommen sind, sondern sie selbst zu Wort kommen zu lassen. Mit dem, was ihnen wichtig ist, was sie erzählen möchten. Und es gab viel zu erzählen. Neben Gedichten wie den von Basher Hussein gab es Liebesgeschichten, Romanfragmente, Beatboxing, ein Interview. Und obschon unser ausgetüftelter Ablaufplan schon gleich nach Beginn obsolet war, durch Plan B und C ersetzt wurde, war „Wortasyl“ ein Erfolg. Wer erlebt hat, mit welcher Begeisterung die Menschen auf der Bühne waren, wie sie erzählten, wie mancher während seines Vortages alles um sich herum vergaß, so dass Geschichten immer mehr ausgeschmückt wurden, immer blumiger wurden, kann dem nur zustimmen. Gelesen wurde arabisch und deutsch, englische Übersetzungen lagen für die Zuschauer bereit.  Samer Koja (20) ein Kurde aus Aleppo sprach auf der Bühne in einem Interview über seinen Weg nach Deutschland, eine Geschichte, die zwischen Normalität und Emotion hin und her pendelte. Das Publikum, gemischt aus Deutschen und Zugewanderten, war begeistert. Selbst während der Veranstaltungen wurden noch Beiträge angemeldet, zum Teil mit einer unheimlichen Eindringlichkeit. Der Saal im Festspielhaus bot eine wunderbare Kulisse.

Basher Hussein (Mitte) Basher liest seine Gedichte. Links Wissam Fakher…., der Dolmetscher

Basher liest seine Gedichte. Links Wissam Fakher, der Dolmetscher

Einen weiteren Höhepunkt waren die Beiträge von Sarah Rehm, die gleich mehrere Schützlinge ihrer Schreibwerkstatt mitgebracht hatte.

Die Zeit für die Veranstaltung war auf anderthalb Stunden bemessen. Viel zu kurz, wie sich herausstellte. Und so zog man samt Publikum einfach um, in den Golgi-Park, ans Lagerfeuer. Eine völlig andere Kulisse und dennoch war das Interesse ungebrochen.

Lagerfeuertexte

Lagerfeuertexte

Die Veranstaltung war ein Erfolg, auch dank des Engagement des Festspielhauses Hellerau. Und, so hoffen wir, Petra und ich, dass „Wortasyl“ ein kleiner Beitrag war. Ein Beitrag zu dem durchaus schwierigen Unterfangen der Integration der Menschen, die zu uns gekommen sind. Wer seine Geschichten erzählt, ist bereit, sich zu öffnen. Und nur mit Offenheit kann ein Miteinander gelingen. Vielleicht besteht die Möglichkeit, diese Veranstaltung mit der tatkräftigen Unterstützung des Festspielhauses zu wiederholen.

 

Dresden, November 2016

 

 

 

 

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